Patienten kennen die Thrombosespritze als eine vorbeugende Maßnahme nach Unfällen, Operationen oder begleitend zu anderen vorübergehenden Einschränkungen in der Beweglichkeit. Die Maßnahme soll die Entstehung eines lebensgefährlichen Blutgerinnsels verhindern. Doch muss die Spritze wirklich sein, wenn Patienten sich eigentlich ganz gut bewegen können?
Thrombosespritze trotz Bewegung? Grundlegende Informationen
Als Thrombose bezeichnen Mediziner ein Blutgerinnsel innerhalb der Blutbahnen. Dieses kann schlimmstenfalls zu einem lebensbedrohlichen Verschluss einer wichtigen Blutbahn, zu Organschäden und zum Kollaps des gesamten Blutkreislaufes führen. Blutgerinnsel bestehen zunächst aus einem oder mehreren kleinen Verklumpungen (Thrombus), die an der Gefäßwand haften. An Ort und Stelle kann ein Thrombus bereits Durchblutungsstörungen begünstigen und die lebenswichtige Blutversorgung eines Organs deutlich hemmen.
Löst sich der Thrombus von der Gefäßwand und fließt mit dem Blutstrom Richtung Herz, wird es richtig gefährlich. Dann kann der Blutpfropfen das Herz blockieren. Besonders häufig wandern Thromben im Akutfall in die Lunge und verschließen dort schlimmstenfalls die Haupt-Arterie. In der weiteren Folge kann es zu einem Kollaps kommen, der als Embolie bezeichnet wird. Thromben und Thrombosen können unter anderem entstehen, wenn die Beweglichkeit eines Menschen vorübergehend deutlich eingeschränkt ist:
- bei Bettlägerigkeit
- bei Komapatienten
- bei geschienten oder eingegipsten Körperteilen
- bei unbeweglich gewordenen Körperteilen (Lähmungen)
- in Heilungsphasen.
Nach Operationen müssen bestimmte Körperteile oft über Wochen hinweg geschont werden, damit Risse der Bänder und Sehnen, Brüche oder Wunden durch eingebrachte Knochenersatz-Teile in Ruhe abheilen können. Betroffen sind entweder der ganze Körper oder nur einzelne Körperteile. Insbesondere die Beine sind anfällig für Thrombosen. Das Herz muss sehr viel leisten, um das Blut durch die Beine bis zu den Füßen und wieder zurückzupumpen.
Bei Bewegungseinschränkungen kommt es daher in den Beinen besonders oft bei Unbeweglichkeit zu Problemen. So manch ein Flugpassagier leidet schon nach einem mehrstündigen Flug an dicken Beinen durch gestautes Blut. Nach Verletzungen, Unfällen und Operationen müssen Patienten daher in der ersten Heilungsphase Thrombosestrümpfe tragen. Diese verbessern durch sanften Druck die Blutzirkulation und nehmen dem Herzen damit Last ab.
Was genau ist eine Thrombosespritze?
Zusätzlich zu den Strümpfen bekommen Patienten die sogenannte Thrombosespritze. Der gespritzte Wirkstoff Heparin (Enoxaparin) unterdrückt die Blutgerinnung im Körper. Das Blut wird damit gleitfähiger und dünner. Entstehen Enge und Druckstellen durch mangelnde Bewegung, bildet sich auf diese Weise nicht so schnell ein Blutgerinnsel. Neben der vorbeugenden Maßnahme kommt Heparin auch zum Einsatz, wenn sich bereits ein Blutgerinnsel gebildet hat oder der Verdacht besteht. Da Heparin das Blut verdünnt, kann es während der Anwendungsdauer an anderen Stellen eher zu Blutungen kommen. Eine weitere Nebenwirkung sind Schmerzen an der Einstichstelle. Als Injektionsort eignet sich insbesondere die Haut an der vorderen seitlichen Bauchwand. Oft wird die Spritze aber auch in den Oberschenkel gesetzt.
Muss die Thrombosespritze trotz Bewegung sein?
Nicht wenige Patienten klagen, wenn sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus oder nach einem Unfall für bis zu 30 Tage eine intravenöse Thromboseprophylaxe empfangen sollen. Die Gegenargumente lauten häufig, „Wieso Thrombosespritze, ich bewege mich doch!“ Mediziner führen hier jedoch ins Feld, dass die Bewegungsfähigkeit oft nicht ausreicht. Selbst wer täglich ein paar hundert Meter an Krücken gehen kann oder Rehabilitations-Sport durchführt, belastet und nutzt betroffene Körperteile nicht annähernd so intensiv wie ein gesunder Mensch. Das kann bereits ausreichen, um ein lebensgefährliches Blutgerinnsel zu begünstigen. Die Spritze ist daher als vorbeugende Maßnahme absolute Pflicht, selbst wenn Patienten zur eigenständigen Fortbewegung in der Lage sind.
Gibt es Alternativen?
Im Jahr 2004 wurde erstmals ein Thrombosehemmer eingeführt, der oral, also über den Mund, eingenommen werden konnte. Der Wirkstoff Ximelagatran wurde 2006 allerdings wieder vom Markt genommen, weil er in Verdacht stand, Leberschäden zu verursachen. Seit April 2008 gibt es den Wirkstoff Dabigatran, der zur Thrombose-Prophylaxe nach Knie- und Hüftgelenkersatz-Operationen zugelassen wurde. Die Tabletten, die von Boehringer Ingelheim unter dem Namen Pradaxa® vertrieben werden, sind sie bis heute allerdings noch keine Standard-Alternative zur Thrombosespritze und für andere Anwendungen bisher leider auch gar nicht zugelassen.
Selbst Patienten, die einen Knie- oder Hüftgelenk-Operation hatten, müssen ihren Mediziner häufig selbst darauf ansprechen und bekommen die Alternative zur Thrombosespritze nicht automatisch angeboten. Pradaxa® bietet also nur einem kleinen Teil der Rehabilitations-Patienten eine echte Alternative. Die Tabletten sind europaweit verschreibungspflichtig und nur über den Arzt erhältlich.
Bewegung und Thrombose: Unser Fazit
Thromboseprophylaxe muss sein, sobald ein Mensch vollständig oder teilweise und über längeren Zeitraum hinweg in der Beweglichkeit eingeschränkt ist. Andernfalls kann sich insbesondere durch Unbeweglichkeit der Beine, der Knie und der Hüften ein Blutgerinnsel bilden, das im weiteren Verlauf zu einer lebensbedrohlichen Embolie führen kann. Einzige Alternativen zur Spritze sind derzeit Pradaxa® Tabletten, die allerdings nur nach Knie- und Hüftersatzoperationen eingesetzt werden dürfen.