„Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ (Platon) Auch wenn diese Aussage später Sokrates zugeschrieben wurde, äußerte tatsächlich Platon, ein Schüler von Sokrates, vor mehr als 2350 Jahren diese Feststellung. Er und Xenophon, ein Politiker, Feldherr und Schriftsteller der Antike, verfassten Texte, die als Sokratische Dialoge und Grundstein der Philosophie die Wissenschaft heute noch immer beschäftigen. „Je mehr ich weiß, umso mehr erkenne ich, dass ich nichts weiß.“, hat auch Einstein viele Zeitepochen später zugegeben.
Agnostiker: Wissen, meinen, glauben
Die Kritik und der Widerspruch sind die Triebkräfte der Erkenntnis – Zweifel können Motivation sein. So alt wie die Menschheit ist, so alt ist der Glaube an Götter und den einen Gott, dem Herrn im Himmel. Viele Religionen haben den Glauben an ihren einen Gott. Die gläubigen Menschen meinen, ihr Schicksal läge in seiner Hand. Unter einer Bedingung: Sie leben nach den Geboten, die ihnen ihre Religion auferlegt. Für die, die abweichen – sich versündigen – helfen Rituale der Buße.
Ein Glück, dass Gottlosigkeit oder Unfrömmigkeit heute nicht mehr zu einem Straftatbestand gehören und, wer dessen schuldig gesprochen, wird nicht mit dem Tode bestraft. Und doch nimmt der Glaube an Gott, den Allmächtigen noch immer, auch in der Zeit der Moderne einen großen Raum ein. Kirchen verschiedener Religionen und Gotteshäuser unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften zeichnen das Stadtbild großer Weltstädte und bieten den Gläubigen ein Dach über dem Kopf. Religiöses Brauchtum gehört zum Bestandteil verschiedener Kulturkreise und Völker. Generationen pflegen Traditionen, ohne dass sie sich jemals vom Weg ihres Glaubens abbringen ließen.
Nicht überall auf der Erde herrschen Toleranz beim Umgang mit Menschen, die meinen, glauben oder sich von Gott distanzieren. Ein Aufbegehren gegen den Glauben wird von der Gemeinde, eines Staates oder einer Glaubensgemeinschaft in vielen Kulturen weitgehend unterbunden.
Die Existenz von Gott, Göttern und übersinnlichen Wesen
Platon und Einstein verbanden, dass das vermeintliche Wissen und das Nichtwissen so eng beieinander liegen, dass noch ein langer Weg bis zur Erkenntnis beschritten werden muss. Die Auseinandersetzung mit der Materie verspricht kleine Schritte zur Erkenntnis. Solange sie nicht mit Beweisen gesichert ist, gilt sie als Vermutung oder muss bestenfalls als These aufgestellt, der weiteren Prüfung standhalten. Der Glaube nimmt eine gesonderte Stellung ein. Er wird weder als These formuliert, noch als Vermutung geäußert.
Der Glaube, meist über die Familien vieler Generationen weitergegeben, wird in der Regel nicht hinterfragt, er liegt nahe der unantastbaren Überzeugung. Von ihm geht der Zauber einer hinzunehmenden Tatsache aus. Die bewirkt eine unbeschreibliche Kraft und weist alle Zweifler zurück. Wem Zweifel überkommen, wird mit den eintretenden Folgen zurückgeholt und glaubt lieber, als dass er seinen Zweifeln nachgeht. Natürliche Erscheinungen oder glückliche Ereignisse gelten als Beweis. Der Glaube bleibt damit unerschütterlich. Ihm vertrauen die Gläubigen. Sie gewinnen aus ihm Stärke, Zuversicht und wenden sich ihm mit Hingabe zu, damit er ihnen lange erhalten bleibt.
Andere Ansichtsweisen
Wer dem Agnostizismus zugetan ist, lebt in der Überzeugung, dass das menschliche Wissen und das Verstehen grundsätzlich begrenzt sind. Daher leitet sich ihre Auffassung ab, dass es durchaus Behauptungen geben könne, die sich keiner Klärung unterziehen können. Agnostiker legen sich, wenn es um den Glauben an Gott geht, nicht fest, weil sie nicht wirklich wissen, ob es einen gibt oder nicht. Gott ist für Agnostiker nicht fassbar – und doch halten sie seine Existenz nicht für ausgeschlossen. Agnostiker können weder das eine, noch das andere beweisen. Die dafür notwendigen wissenschaftliche Methoden sind nicht gegeben.
Agnostiker gehen mit dem Glauben an Gott tolerant um – sie lehnen ihn nicht ab und verschließen sich trotz ihrer Verunsicherung zu ihm nicht rigoros religiösen Bräuchen. Sie haben keine Erwartungen an Gott und erhoffen sich keine Auswirkungen für ihr Leben. In einer friedlichen Haltung zu Gott ist ihr Umgang mit Gläubigen von Respekt geprägt. Der Agnostiker lebt in der Überzeugung, dass das menschliche Wissen und das Verstehen grundsätzlich begrenzt ist. Daher leitet sich ihre Auffassung ab, dass es durchaus Vermutungen und Behauptungen geben könne, die sich keiner Klärung unterziehen können und ungeklärt bleiben.
Agnostizismus ist keine Erscheinung der Moderne. Bereits die Philosophen der Antike waren von Zweifeln der Existenz von Gott hin- und hergetrieben. Sie waren allerdings der Überzeugung, dass der menschliche Verstand und die Lebenszeit nicht ausreichen, um zu einer Erkenntnis zu gelangen.
Agnostiker und Atheisten – der kleine wichtige Unterschied
Während der Agnostiker nicht weiß, ob es Gott gibt oder nicht, lehnt der Atheist mit Bestimmtheit die Existenz eines Gottes ab. Atheisten lehnen den Glauben ab, weil sie Gott verneinen. Sie bedürfen weder einer Erkenntnis für noch gegen die Existenz Gottes. Atheisten sind von einer gottlosen Welt überzeugt. Agnostiker finden sowohl die Haltung der Gläubigen als auch die der Atheisten für überheblich. Da er weder das eine noch das andere ausschließen kann, entscheidet er sich zwar für ein Leben ohne religiöse Regeln, gestattet sich, im Gegensatz zum Atheisten, aber die Teilnahme an religiösen Bräuchen.
Verschiedene Ausprägungen des Agnostizismus lassen den Agnostiker in vielen Varianten erscheinen:
- der agnostische Atheist
- der pragmatische Agnostiker
- der agnostische Theist
Die Unterschiede der Agnostiker ergeben sich aus den mehr oder weniger großen Anteilen an Atheismus und die durch ihre Sicht auf den Glauben verbundene Auswirkungen, ihre Lebensweise und ihr Verhalten im Alltag.