Neurodermitis betrifft bis zu 23 Prozent aller Babys, 13 Prozent aller Kinder und immerhin noch zwei bis drei Prozent aller Erwachsenen. Sie zählt damit zu den am stärksten verbreiteten Hautkrankheiten im Kindes- und Säuglingsalter und zeichnet sich durch einen unangenehmen, juckenden Ausschlag an einer oder mehreren Stellen des Körpers aus. Es handelt sich zwar um eine chronische und derzeit noch unheilbare Krankheit, doch zumindest die Symptome sind zu behandeln, sodass Betroffenen zumindest Linderung verschafft werden kann.
Was ist Neurodermitis?
Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern “Neuron” (Nerv), “Derma” (Haut) und der Endung “-itis”, die eine entzündliche Krankheit anzeigt, zusammen. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass die Nerven für die Ursachen und den Verlauf der Krankheit gar keine Rolle spielen, weshalb Mediziner die Begriffe “atopische Dermatitis” oder “atopisches Ekzem” bevorzugen. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist jedoch nach wie vor die Bezeichnung Neurodermitis die gebräuchlichste.
Mit der Bezeichnung “atopisch” werden sowohl die Entzündungssymptome als auch die Überreaktion beziehungsweise Überempfindlichkeit als Ursache der Entzündung angesprochen. Denn die Haut oder deren Immunsystem eines oder einer Neurodermitis-Betroffenen reagiert übermäßig stark auf eigentlich harmlose Umwelteinflüsse und -reize. Die Haut der Betroffenen reagiert auf alle möglichen Umwelteinflüsse wie Berührungen oder den Kontakt mit eigentlich ungefährlichen Keimen oder Chemikalien mit flächigen Entzündungen.
Die Schutzfunktion der Haut ist gestört
Die Schutzfunktion der Haut, die natürliche Barriere gegen das Eindringen von Bakterien, Chemikalien und Keimen, ist bei den Betroffenen gestört. Forscher gehen derzeit davon aus, dass bestimmte Gene, die zu einem Mangel an Eiweißen, die wiederum für die Schutzfunktion der Haut unerlässlich sind, die Hauptursache für Neurodermitis sind. Die genetische Veranlagung muss jedoch nicht zu einem Ausbruch der Krankheit führen. Dabei spielen in der Regel ungünstige Umweltfaktoren eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Obwohl es sich um eine chronische Krankheit handelt, müssen Betroffene nicht ständig mit Entzündungen kämpfen, da die Krankheit zumeist schubweise verläuft. Erst durch Umwelteinflüsse wie Chemikalien, die zum Beispiel in Waschmitteln enthalten sind, oder den Kontakt mit Allergenen wie Hausstaubmilbenkot, Pollen oder Tierhaaren, aber auch durch Kälte, Trockenheit, schwüle Hitze oder Stress, wird die Irritation der Haut ausgelöst.
Die Haut reagiert auf diese Reize überempfindlich, was sich zum Beispiel in einem sehr unangenehmen Juckreiz äußert. Das Kratzen der betroffenen Stellen verschlimmert und vergrößert die Entzündung dabei noch. Außerdem reagiert das Immunsystem der Haut der Betroffenen übermäßig, was die Entzündung nur noch verschlimmert. Es entstehen Ekzeme, Knötchen und Pusteln. Die Haut trocknet sehr stark aus und in Verbindung mit den offenen, häufig auch nässenden, Stellen bietet sich schädlichen Bakterien, Viren und Pilzen ein ideales Einfallstor für weitere Infektionen.
Ein Neurodermitis-Schub stellt sich den Betroffenen daher oft wie ein Teufelskreis sich selbst verstärkender Elemente dar. Er beginnt vielleicht mit einer stressigen Situation, löst juckende Ekzeme aus und diese entzünden sich immer stärker und breiten sich aus, weil die Haut nicht mehr in der Lage ist, das nötige Bakteriengleichgewicht als Schutzbarriere aufrechtzuerhalten oder wieder herzustellen. Doch Betroffene sind diesem Prozess nicht schutzlos ausgeliefert. Es empfiehlt sich in jedem Fall ein pflegender Hautschutz gegen Neurodermitis, um den Teufelskreis zu durchbrechen.
Behandlung einer Neurodermitis
Damit sich die entzündlichen Stellen auf der Haut nicht weiter ausbreiten, müssen die Betroffenen intervenieren. Selbstverständlich sollte trotz Juckreiz auf das Kratzen verzichtet werden, doch das ist leichter gesagt als getan. Insbesondere nachts hat man nicht die Kontrolle darüber, was die eigenen Hände tun.
Kortisonpräparate
Bei besonders starken Ausbrüchen einer Neurodermitis kann es sein, dass Hautärzte Kortisonpräparate als Salbe oder temporär auch als Tabletten verschreiben. Die helfen zwar schnell und gut gegen alle Symptome einer Neurodermitis, haben aber auch unerwünschte Nebenwirkungen und sind nicht für eine dauerhafte Anwendung geeignet.
UV-Licht
UV-Licht wirkt antientzündlich und kann zur akuten Behandlung eines Schubes eingesetzt werden. Allerdings erhöht es auch das Hautkrebsrisiko, weshalb es sparsam eingesetzt werden sollte. Kinder unter 12 Jahren werden in der Regel deshalb auch nicht mit UV-Licht behandelt.
Pflege und Lebenswandel
Die psychischen Ursachen für einen Neurodermitis-Schub werden zwar von der derzeitigen Medizin nicht mehr ganz so stark betont wie noch vor einigen Jahren, spielen aber erwiesenermaßen eine relevante Rolle. Neurodermitispatienten sollten sich und ihren Lebenswandel daher ganz genau beobachten und identifizieren, welche Auslöser individuell bei ihnen zu einer Verschlimmerung des Krankheitsbildes beitragen. Allgemein sollten Stress und Schlafmangel vermieden werden.
Bei der Pflege ist auf eine ausreichende Rückfettung der Pflegeprodukte zu achten. Außerdem sollten bestimmte Chemikalien gemieden werden. Viele Produzenten von Pflege und Reinigungsprodukten bieten extra für Allergiker sensitive Produktlinien an. Diese sind auch für Neurodermitis-Betroffene zu empfehlen. Gegen Hausstaub und Hausmilben kann spezielle Bettwäsche helfen. Hier sollte jeder Betroffene nach seinen eigenen Bedürfnissen forschen und sich eine individuelle Pflege-Routine zurechtlegen, um symptomfreie Phasen zu verlängern und Symptome zu lindern.
Besondere Hoffnung gibt das Konzept der Bakteriophagen, welches beispielsweise vom auf Hautkrankheiten spezialisierten Hersteller SANUBIUM, angeboten wird. In diesem Verfahren werden über Cremes, Gels oder Sprays Viren, die die entzündungsförderlichen Bakterien angreifen und vernichten sollen, auf die Haut aufgetragen. Dies soll dazu beitragen, die Haut bei ihrer Immunantwort zu unterstützen und die natürliche Schutzbarriere zu regenerieren. In Deutschland ist dieser Ansatz bisher nur für die oberflächliche Behandlung mit Pflegeprodukten zugelassen.