Wie heißt es so schön? „Liebe deinen Nächsten“. Was aber, wenn die Nächsten unliebsame Nachbarn sind, für die man keine positiven Gefühle hegt? Sei es, weil die Nachbarn zu neugierig, zu pingelig, zu laut, zu unordentlich oder sogar verbal ausfallend sind. Sie haben wahrscheinlich andere Vorstellungen und einen anderen Lebensstil als man selbst, was einen im Grunde auch gar nichts angeht. Dennoch ist es schwer zu ertragen, wenn die räumliche Nähe den regelmäßigen Kontakt unumgänglich macht.
Nachbarn ignorieren lernen heißt nicht missachten
Die einfachste Lösung liegt im Ignorieren der Nachbarn selbst beziehungsweise deren Verhalten. Das bedeutet nicht, dass man sie keines Blickes mehr würdigen sollte. Ein freundliches Grüßen im Treppenhaus und der Anstand bleibt gewahrt. Das Ignorieren sollte in einem selbst stattfinden, so dass die unliebsamen Verhaltensweisen nicht mehr für Kopfzerbrechen und Selbstzweifel sorgen. Hierfür gibt es einige Möglichkeiten und auch ganz konkrete Maßnahmen.
Lärm- und Sichtschutz
Bauliche Maßnahmen, die vor neugierigen Blicken schützen, können je nach Wohnsituation zum Beispiel Sichtschutzzäune oder blickdichte Rollos/Plissees sein. Das hat zwei Vorteile: Beide Parteien sehen weder wie die andere lebt noch womit sie ihre Zeit verbringt. Das Konfliktpotenzial entschärft sich dadurch deutlich.
Einen ähnlichen Effekt haben Dämmmaßnahmen, die den beidseitigen Geräuschpegel senken. Sollten kleine Kinder oder lärmende Haustiere den Frieden stören, kann dadurch bereits Abhilfe geschaffen werden. Weniger kostenintensiv als eine komplette Wanddämmung sind Teppichböden, schwere Vorhänge oder eine neue Dichtung an den Fenstern. Für den Soforteffekt erweisen sich sogenannte Noise Cancelling Kopfhörer, die Umgebungsgeräusche gar nicht erst durchlassen oder simple Ohrenstöpsel als sehr hilfreich.
Klare Grenzen aufstellen, statt ignorieren
Ein ganz praktischer Tipp sind Hinweisschilder im eigenen Vorgarten, die ein Betreten komplett verbieten oder zumindest deutlich machen, dass der Rasen kein Hundeklo oder Kinderspielplatz ist. Diese Schilder gibt es im Handel oder sind alternativ auch im Handumdrehen selbst gebastelt. Vorsicht allerdings bei Gemeinschaftsflächen, hier muss der Vermieter entscheiden.
Sich um sich selbst kümmern
Bei all dem Ärger mit der Nachbarschaft, kommt oft die Selbstfürsorge zu kurz. Wer lernt, den Fokus auf das eigene Leben zu setzen und die Themen der anderen als weniger wichtig zu empfinden, ist ausgeglichener und entspannter. Meditation ist ein hilfreiches Mittel, um zur eigenen Mitte zu finden, so dass das Ignorieren der Nachbarn automatisch passiert. Auch Spaziergänge in der Natur haben einen positiven Effekt auf die eigene Gelassenheit. Im Mittelpunkt der Gedanken sollten die Bedürfnisse von einem selbst und der Familie stehen, nicht die der Nachbarn.
Gleichgesinnte suchen und sich austauschen
Vielleicht gibt es diese eine Person oder Familie, die nicht nur Ihnen ein Dorn im Auge ist, sondern auch dem Rest der Nachbarschaft. Gleichgesinnte, die ähnliche Schwierigkeiten haben, bringen sich gegenseitig schnell auf gute Ideen und Lösungsmöglichkeiten ins Spiel, die einem selbst nicht in den Sinn gekommen sind. Schon der Austausch über Probleme kann helfen, sich zu beruhigen und sogar festzustellen, dass die Situation weit weniger dramatisch ist, als sie zunächst scheint. Andere, die keine Schwierigkeiten mit dem Nachbarn haben, können auch Hinweise geben, wie man am besten mit diesem umgehen kann. Hinhören, Zuhören und die hilfestiftenden Maßnahmen filtern, die man bereit ist umzusetzen, kann die Situation klar verbessern.
Fluch und Segen: Vermieter als Nachbarn
Wer direkt neben seinem Vermieter wohnt, kann diesen oft nicht so einfach ignorieren, sollte es bei großen Problemen aber dennoch versuchen. Solange die Vertragsinhalte erfüllt werden, muss man sich nicht alles gefallen lassen. Unangemeldete Besuche müssen ebenso wenig akzeptiert werden wie ständige Gespräche am Gartenzaun. Sollten bereits große Ärgernisse aufgetreten sein, ist auf Dauer ein Umzug die bessere Wahl.
Wie lerne ich Nachbarn zu ignorieren? Toleranz üben!
Sich ständig zu ärgern, ist für das eigene Seelenheil schädlich und kann sogar körperliche Auswirkungen haben. Das ist purer Stress. Die Situation der Nachbarn ist meist eine völlig andere als die eigene und sich mit einer Portion Toleranz auf einen Perspektivenwechsel einzulassen, kann ein Augenöffner sein. Hat man zum Beispiel selbst kleine Kinder und lebt neben einem kinderlosen Rentnerpaar, sind Konflikte oft vorprogrammiert. Versetzt man sich aber einmal in die Lage des Paares, das vielleicht nie Kinder bekommen konnte und deren einzige Freude nun das nachmittägliche Fernsehprogramm ist, fällt es leichter, diese zu ignorieren oder sogar das Gespräch zu suchen, um sich doch noch anzunähern.
Es gibt so viele Familienkonstellationen und Lebensgeschichten, die in Mehrfamilienhäusern und Nachbarschaften aufeinandertreffen, dass es durchaus lohnenswert sein kann, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es sind schon viele vermeintlich ungewöhnliche Freundschaften entstanden und in einer Nachbarschaft zu leben, die den Begriff Nachbarschaftshilfe nicht nur vom Hörensagen kennt, hat gegenüber der klassischen Anonymität einer Großstadt Vorteile.
Unser Fazit
Nachbarschaftliche Beziehungen können sich von einer Bereicherung bis zu einer Zumutung oder umgekehrt entwickeln und wie in jeder anderen Beziehung entscheiden zwei Seiten, in welche Richtung es geht. Die andere Partei lässt sich nicht ändern, aber das eigene Verhalten kann maßgeblichen Einfluss auf den Fortgang der Geschichte haben. Wer für sich entschieden hat, dass Ignorieren die Situation am erträglichsten macht, sollte diesen Weg gehen, mit allem nötigen Anstand und Respekt. Unnötige und gezielte Quälereien, um den Nachbarn zu vergraulen, sind nicht nur verwerflich, sondern womöglich strafbar, was am Ende die Probleme nur vergrößert. Ein freundliches Kopfnicken im Vorbeigehen schadet nie.